O Gott, wu schön is Diene Welt

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Verhaalen (erholen) ohne betahlen, dat geiht. Und noch so schön, ohne glieks graut Urlaub to maaken. Ah wat. Geiht auk änners. För Gott’s schöne Welt bruukt et gar kein Geld. Daoför mott man sick bloß es maol up ’n Patt maaken. Eenfach loss. De Döör haruut, up dat naichste Pättken an und „wohlauf in Gottes schöne Welt“.

     Iäben noch dör de Siedlung, dann dat lesste Huus längs. In den grauten Gaoren, quiält sick koppüöwer nen aollen Kerl. Off em dat nich wuohl in‘ Puckel göng, roop ick em to. He böört sick up un kömmt lück krumm up mi to. Daobi sägg he mehr för sick: „Im Schweiße deines Angesichtes …“ Un dann: „Ohne Fleiß, kein Preis.“ Aower he dai et gerne. Et dreew em hier jä nich eenen. „Wochte“, ick soll doch iäben es staohn blieben. Meinee, dat hier eenen laip, de noch Plattdüütsch konn! Dat freut em. So staoh wi an dat Heck (Gartentor) un küert us nett wat to.

     He wieset up sienen Gaoren, up de Tomaten, Sorte Goldene Königin, in kienen Supermarkt to kriegen. Aower Geschmack! Dä, ick soll es eene probeeren. Hmm … Wunnerbar. Dat möök den Perdemess. Drüm daien et de Bauhnen un Brombeer’n auk iämso guet. Dat seih ick. Se kruupet mi dör de lütke Hiegge jä baoll bis an de Beene. All’s in all’s feihlde et aower an Riägen.

     För’t Erste härre ick et aower leiwer noch drüüge, sägg ick em. Ick woll wieder. Aower eenen leckern Appel för unnerweggens, so as Sonderangebot, den woll he mi noch doon. Appels wören immer guet. As he den Appel för mi an siene Manchesterbüx blank wienerde, sagg he mit Betonung: „Einen Apfel täglich, keine Krankheit quält dich.“ Gravensteiner. Dat wär wat. Kick an. Na dann: „Dank un Hendoon!“ „Auk so!“ Ick soll es wier tokieken.

     Ick tippel wieder. Up de Kööhe (Kühe) hento, de mackelig in Wieskengräss liegget un ruhig vör sick hen kaut. Nu biet ick in den Appel un schmatz nao Lust un Luun debi. Mi schinnt, üm mi herüm freuet sick all’s mit mi. Noc so schön de Füerrausen (Klatschmohn) tüsken Trimsen (Kornblumen), raut un blao, den Tuun längs. Ick gaoh de dran vörbi. Von wiet her tuckert, so iäben to hören, nen Schruuwenfleiger (Hubschrauber). Soll män fleigen. Ick laupe, blief dann aower nao ’n Tietken an ne Bööke staohn un sett mi dao up de Bank. Üöwer mi piepket ’n Vüögelken. Mi feihlt et an nix. Ick recke mi, haal deep Aom, kniep de Aogen to un denke: „O Gott, wu schön is Diene Welt …“

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Immer was Feines von hier:
Plattdeutsche Pötter-Bücher aus dem Aschendorff Verlag Münster

Fröhjaohr lich in de Lucht

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Uut ’n Huuse röpp et mi to: „Herin met di, dat Tweeuhrsköppken (Mittagskaffee) is glieks sowiet!“ Forts derup de Fraoge: „Is dat för dat Buutensitten nich wuohl noch wat frisk?“ Ick roop terügge: „Nää! Män langsam an met den Koffie. Hier, Südsiet, lött et sick guet duer’n (hier kann man es gut aushalten)!“ Jaja, denn: Fröhjaohr lich in de Lucht.

Wat schön nu wier hier buuten. Ick sitt up de Huusbank un aal mi in de erste mollige Meddagssönn. Un doch schütt up maol noch de Wind met ne Böe üm de Ecke un lött för nen Moment de Waaterfützen bibbern. Glieksdrup dreiht he aower giennsiet wier aff. Dat is nich mehr vull met em. De Sönne lött em nich mehr gewähren, se kann et nu all ümso biätter. Löchtend speigelt se sick in de Waaterfützen, so dat in Nullkommanix dat Lecht dao män so ruutglitzert. Dat will sick en Kiewitt es genauer bekieken. He is nieschierig an den Waaterpool daale gaohn. Dao steiht he nu, wüppket lück he nun her, kick üm sick, bekick sick geck in den Waaterspeigel un röpp sien eegen Namen, so as woll he säggen: „Ja is dat denn de Müöglichkeit? Dat sin ick jä!!“ Meinee, wat häff den Vuogel en Spass. He dreiht sick, he hopset un kiewittket et uut. Kien Wunner, denn: Fröhjaohr lich in de Lucht.

Nich minner munter gaoht et de Fiäken in’ Swienekoben an. Se rengstert (rennen und springen) hen un her, slaot’ Haken un quieket met Juchhee. Met bloß een Aoge kick sick Bello dat Gejüchter an. De Rüer lich ganz still in de Meddagssönn niäben sien Schott un döset still för sick hen, den Kopp platt up de Vörnepooten. Bloß bi dat undöchtig Swienegequietske bequemt he sick, een Aoge es an dat Spitakel to waogen. Doch dao föllt et auk all sacht wier to. He weidet sick leiwer an de warme Sönn, statt an de unwiese Schwienerie. Män nu lött auk he män so iäben so ’n eentrötig Gnuoren von sick hören. Mi schinnt, as woll he säggen: „Schwieget still. Et is doch so schön wier hier.“ Dao bünd beide Aogen all wier to – un he draimt vör sick hen. Fröhjaohr lich in de Lucht.

Auk ick kiek met halwe Döppen so iäben hauch in de Weltgeschichte un draime mi hiemmelan. Daobi plink ick aff un an so iäben in den weltenwieden Hiemmel, noch ohne Kläör (Farbe), blank baolle es Waater noch un doch all met so ’n iäben fien Blao dedör. So luurt de Lenz. Lecht un Sönne kieket all änners. Et is nich to verkennen: Fröhjaohr lich in de Lucht.

Deep haal ick Aom. Et rück gesund, lück kruutig-bitter. Dat mäck hier vörn den Hollerbusk (Holunderbusch). De Meddagssönn geiht all derbe an em ran, so, as woll se siene dummendicken Knoppen knappen. Dat giff den kruutigen Ruuk. Wat ’n Aroma! Treck dat de Vüögelkes an? Se piepket un singet un wüpket un springet munter üm den kluckskernden Grabenrand. Dat plätts-kernde Waater funkelt vörne jüst unner de Biärk. Et is, as woll de Baom met siene fienen Pietskentööge noch vörsichtig wat an Wind infangen. Män dao is nich mehr vull to fangen; denn: Fröhjaohr lich in de Lucht.  

Uut ’n Huuse röpp et mi wier to: „Wo bliffs?! De Koffie wochtet!“ Ick reck mi piel dör un staoh up, up de Biärk hento. Uut ne Borkenwunde quillt en Druoppen, en Dröppken baomeegen Fröhaohrssaft. De Sönne glitzert derin. Ick tippe vörsichtig met ’n Finger dran un nippe wat devon. Hmm … Et lött mi den Koffie vergiätten. Schier Fröhjaohrsgeschmack. Schmeckleckend kiek ick üm mi. Et is nich to verkennen: Fröhjaohr lich in de Lucht.

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Immer was Feines von hier:
Plattdeutsche Pötter-Bücher aus dem Aschendorff Verlag Münster

Sommergewitter

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Muorns noch so schön in Sönn dörlöchtet, kippte he üm de Meddagstiet, de Sommerdag an de Iemse. Backend heet tröcken von ächten her drohlicke Wulkenballen up. Dao sach de Buer: „Dat giff glieks noch wat. Eher dat et grummelt, föhr ick noch gau in de Stadt. Ick mott dao noch hen un haalen wat.“ „Gaoh to“, sach de Meerske (Bäuerin), „ick haoll hier wuohl Huusbest (ich passe schon auf). So kann ick auk es wier in Ruhe an Tüüg wat flicken.“ Kuort drup wör et still in‘ Huuse.

     Et wuord mehr un mehr bienaut (drückend-schwül); daobi ganz un gar dimstrig, de Hiemmel all gries es Zinn, bloß von wieden lück giäl un wiet ächten gar so wat es viola. Sietaff von et Herdfüer glämmde unner ’t Krüüz met dat drüüge Palmstrüüksken dat Üölgelämpken. De Frau woll dagesüöwer nich graut Lecht maaken. So was dat Huus all so guet es düüster. Nich dat dat Menske bi düt Wiär dao alleene in Huuse bange wör, dat nich, aower se harre sick män doch in’ Naihstuoben verkruopen. An Tüüg rümflicken dai se giän. So nösselde de Frau met Läppkes un Gaorn üm dat lütke Lämpken von de aolle Pfaff-Naihmaschin harüm. Wenn nich jüst de Naihmaschin suusede, wör et mucksmüüskenstill.

     Godorrie, wat drückend! De Lucht stönn män so. De Fensterladens wören sperrangelwiet up. Ohoh, buuten wuord et wehriger. Dat Dönnern rullde naihger. Sprüngen Blitzfunken dör den Stuoben, keek de Meerske up. Se tellde dann. Noch göng et. Mit maol aower krachte et naihge bi un glieks drup böllerde sick den Dönner wööst uut – un rullde wiethen weg. „Nu aower Schluss hier!“ reip de Frau de keggenan. ’n Snipsel Gütermann-Nähseide in’ Mund, göng se mit nen fasten Tratt up dat Fenster an. Se woll et tomaaken un bleef doch staohn … Ganz met sick eens, keek se in Gedanken nao buuten hen. De Klämmerkes (rankende Kapuzinerkresse) hüngen düörstig un slaffmatt den Tuun daale. De aolle Tuun met dat graute Heck (Gattertor) … Siet Jaohr un Dag tröck he sick üm den schattigen Appelhof (Obstgarten), so as woll he ne behööden.

     De Baimtööge aower lööten sick flau (kraftlos) hangen. Orre ducknackeden se sick nu vör Angst un Bange? Kien Blättken, wat hen- off herwaigede. Man konn dat Knistern in de Lucht baoll föhlen. Bloß giennen, achter ’n Koben (Schweineauslauf), ganz alleene up de graute Wieske, reckte sick – piel hauch – de aolle Biärnbaom in de Höchte. „Jüst so es ’ne Flamm, de hiemmelwärts lodert“, sinneerde dat Huuswief. Se wiskede sick met de Schüötte den Sweet von de Plääte (Stirn).

     Wu wör dat? Harr nich erst noch in‘ Fewrua iähr Mann sächt: „Den aollen Kostgänger dao buuten, den hau ick nu üm; vull dräch he jä doch nich mehr.“ Män dat harr se em soiäben noch uutküeren konnt. Denn so lange se denken konn, stönn he dao, de aolle Baom, met de Holtbank drunner. De Bank … Genrassionen häbet dao truulick siätten. De Frau dacht: „Un de Biärnbaom, wat is de doch maol wier guet dörkommen.“ Schön so, de fiene Duft, de herrlick witte Blaite in‘ Fröhjaohr met de summenden Immen, de sick munter in em tummelden … Un nu hüngen se de all wier dran, noch ganz lütt, de Biärnkes, mündkesmaote, hatt noch, doch wanner wier saftig-sööt. Se is baoll nich mehr to kriegen düsse Westfäölske Speckbiärn‘, ne Rarität. Geiht man dao so eenfach met Biel un Saage dran? Üöwerhaupt, spiellt bi so ’n Baom nich mehr noch mit äs bloß dat Holt?

     Godorri. Heel biestrig flammden nu de Blitze up. Jö! Un dat Dönnern göng bis in de Magenkuhle. „Dat is hier kien Spiellwerk mehr“, schööt et de Meerske dör ’n Kopp. Glieks auk friskede de Wind plüüsterig up. Ja, met Huulen streek he wahn all ümt Huus. Ne Dööre knallde wo to.

     In Nullkommanix klädderden dicke Druopens hatt up dat Affdack. Palskend fööl dat Waater män so von buoben daale. Un heel wild göng den Bruusewind dör de Baime. Eenzig de aolle Biärnbaom böhg sick in de Spitz bloß so iäben, so as dai he den Kopp lück wäögen. De Merske stönn ganz in Gedanken an et Fenster. Wat schön frisk et up maol röök. Hmm … Jö! Ohne Gnade;

     Grell un strankiel (hart, streng), tuckte grell de Blitz runner. Baatzkedi, dao knallde et un fraog nich wu. Et krachte, dat et geföhrlicker nich göng. Splitternd föölen Tööge daale. Godorri! Et harr em troffen, den aollen Biärnbaom. Sien Stamm wiesede ne klaffende Wunde. Sietto lag Astwerks un de Holtbank schinn schwatt anbrannt. De Frau krieskede. Et harre auk iähr Hiärt troffen. Ratz smeet se dat Fenster to. Iähr Schreien bleef buuten. De Wind weihde et weg – wiet weg. Verbaast laip se in Huuse harüm un namm den Rausenkranz.

     As de Buer uut de Stadt wierkamm, verstönn he dat Klagen van siene Frau gar nich. „Stell di doch nich so an“, sach he, „män guet, dat et bloß den aollen Baom troffen hät. Ick haal glieks muorn Biel un Saage. Dann krich he den Rest.“

     De Frau sweeg. Se dachte bloß: „Ach, ji Mannslüe. Wat us Fraulüe bis ant Hiärt geiht, dat geiht ju Kerls män bloß bis an de Knei’ …“

 

För alle Geliägenheiten alltiets wat Schöns von hier:
Plattdüütske Pötter-Bööker – Aschendorff-Verlag Mönster

Ems

Hochdeutsche Fassung von Otto Pötter

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Kreuzworträtselfrage: Fluss in Nordwestdeutschland mit drei Buchstaben? Ems. Ems? Ja, drei Buchstaben genügen. Charakteristisch für Land und Leute könnten dafür auch diese drei Wörter stehen: ebenerdig, malerisch und sehenswert. Und für die, die mit der Ems verbunden sind, genügt ein charakteristisches Wort, emsig – dabei immer auch echt. Und ehrlich. Ohne Schnickschnack. Kein Getue. Aber deftig weg. Was zählt ist Zuverlässigkeit, nicht Dicketun. Bloß keine Flitzen, kein Tamtam. Glaubwürdigkeit braucht kein Getue. Das Original genügt. Ems, da weiß man, was man hat. 

     Entsprechend sind die Leute hier, schlicht und einfach, aber zuverlässig; unaufgeregt, aber resolut; gelassen, aber couragiert. So geht’s durchs Leben – so wie die stille Ems sachtweg von der Quelle bis zur Mündung gleitet. Begleiten wir sie. Gleich fällt auf: Alles im Fluss, ohne Überfluss. Heel best, buuten un binnen. Von wegen außen hui und innen pfui. Geh mir weg. Nänä. So nicht. Wer am meisten pucht, hat am wenigsten in der Tasche. Kirchentreu heißt es: Halte dich ans elfte Gebot. Und das gibt’s nur an der Ems: Laot di nich verbluffen. Lass dir nichts vorweismachen. Gepinselte Blumen riechen nicht. Besser sie werden gepflegt und bekommen beizeiten Dünger. Guck dich män um, statt Dicketun ist immer was zu tun. Und wenn mal nichts zu tun ist, findet sich schon was … Es sei denn, is Feierabend. So wie Sonntag Sonntag ist, ist Feierabend Feierabend. Alles zu seiner Zeit. „Wofür hätten wir sonst ne Couch?“ Das heißt hier auch: Ressen (rasten, ausruhen), nicht rumhängen, nein, sich erholen, um neue Kraft zu schöpfen; die Muße genießen und gerne mal die Beine hochlegen. Vielleicht schön was lesen dabei. Bloß keinen Freizeitstress – nicht gleich wieder hier hin und da hin. Besser Ruhe. Alles schön sachte an.   

     Wie die Ems, so die Emsanrainer. Buuten – kein roter Teppich. Wofür? Lieber hat man es grün ums Haus. Rasen, fein kurzgehalten; Sorte Mitteldicht, strapazierfähig. Binnen –  gerne Raufaser; neutral, anpassungsfähig und funktional. Keinen übertriebenen Wohlstand. Nicht sich zeigen. Dafür aber behaglich. Auch wenn die Türen nicht sperrangelweit offen- stehen, dringt‘s gastlich goetheähnlich nach außen: „Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein. Denn wie des Menschen wahrer Himmel, scheint hier zufrieden Groß und Klein“ (nach Faust I, Vers 940). Was mehr? Nix mehr. Guck dich doch um. Das reicht. Auch das ist nicht ohne Poesie. Schau einfach nur genauer hin …

Kein schöner Land in dieser Zeit,
als hier das uns’re weit und breit
Wo wir uns finden, wohl auch noch unter Linden
nicht nur zur Abendzeit …

Ja, schau nur mal genauer hin, bis dir aufgeht: Ich sehe was, was du nicht siehst – und was sieht man plötzlich nicht alles:

Stille Buntbrachen, seitlich vom Wasser
Wasserläufer auf sonnenspiegelnden Auen
Dümpelnde Pünten im Schilf
Fernab am Ufer, wasserstippende Angelruten
Struppige Kopfweiden, in die Jahre gekommen
Kornschwere Ähren, lässlich im Wind wiegend
Stille Pferdekoppeln
Wuchtige Findlinge
Pricke Höfe
Blumengeschmückte Herrgottswinkel
Stundenschlag von stillen Dorfkirchen her
Bänke zum Klönen

… und immer wieder Originale mit Alltagsgeschichten, Emsköppe mit Ecken und Kanten, voll da, mit reichlich Lachfalten. Diese kernigen Käuze können das, was viele heute nicht mehr können, mit einem Augenzwinkern ungerührt das Wasser über Gott’s Land laufen lassen. Und doch:

Wabert Nebel um das Haus.
im Finstern gar der Kauz noch schreit
„komm mit!“, dann ist’s soweit.
Dann zieht des Spökenkiekers Stirn sich kraus.

Dann kick he sick wat bineene. Soll er. Hauptsache, er „geht nicht stiften“, wenn’s mal stürmt. An der Ems lässt man sich von alldem nicht unterkriegen. Da heißt es noch bei Windstärke 10: „Was kommt, das geht auch wieder“,und bei 11 schon mal: „Oha.“ Hauptsache Fenster und Türen sind alle gut dicht. Dann geht’s. Buuten un binnen. Dann woll’n wer’s uns mal schön gemütlich machen. So ist das hier. Und bleibt’s bewölkt? Na und … Dann ist er eben schön grau, der Himmel. Warum immer blau? Ein Emshimmel immer azzuro! Schönschön, aber das ist nicht so recht was für hier. Nein. So eine Ems schiene ja wie geschminkt, unnatürlich zurechtgemacht. Mama mia. Nein. Die Ems ist mehr als nur schöne Kulisse. Sie macht auch keine großen Sprünge, oder besser gesagt Wogen. So was haben die Menschen wohl von ihr abgeguckt.  An sich sind die Emsköppe denn auch gar nicht so unfreundlich, nur nicht so sehr gesprächig, wenn mal was is. Dafür heißt es hier: „Mehr müern, statt küern“ (mehr mauern, statt Gerede).

     Wie schon bei der Ems drei Buchstaben reichen, reichen oft auch schon mal drei Worte: Löppt? Muss. Schönschön. Gelegentlich sind’s auch wohl mal zwei Worte mehr: Geht’s? Geht. Dann geht’s ja. Wer mehr erfahren will, schaue sich das hier doch selbst mal an. Das sagt mehr als viele Worte. Jaja, so ist das hier.

Hier schätzen wir zu jeder Zeit
emsheitere Gemütlichkeit.
Ob Döönken oder Minnemär,
ob wenig Worte oder mehr,

ob drollig oder sachte an,
zuweilen gern gar mit Gesang.
Nicht minder wird wohl auch geschwiegen,
um Schwieriges gut hinzukriegen.

Ach, was soll die Rederei,
am besten ist, man ist dabei.
Dann zeigt sich‘s, ohne anzugeben:
An der Ems, da lässt sich’s leben.

Reisen bildet ja bekanntlich. Mit dabei zu sein vermittelt auch sicher gleich einen besseren Blick auf’s malerische Münsterland, dem wiesenweiten stillen Emsland und dem stilvoll sturmerprobten Ostfriesland. Reisebürokosten kann man sich sparen. Von wegen: Außer Spesen nichts gewesen. Nicht an der Ems. Besser man geht schön sitzen in einem Dorfkrug und isst was Gutes.Da toppt in einem fachwerkschmucken Landgasthaus ein Buchweizenpfannkuchen jedes Cordon bleu. Und wenns noch was mit Sport sein muss, tun es per pedes Laufschuhe oder ne Fietse. Alles ohne Brimborium. Ohne sich dafür in die Kurve zu legen. Warum? Geht doch schön liekuut, liekan (geradeaus). Dazu braucht’s keine E-Bikes, unplattbare Crosskreuzer oder schnurrende Treckingtourer mit Ballonreifen. Ah was. An de Füße tut es gern auch die Sandale und unterm Hintern was Bequemes. Es braucht nicht viel, um glücklich zu sein. Warum immer gleich so einen Aufwand? Kanu wäre ebenso emstauglich. Sehr sogar. Egal. Was zählt, ist ankommen, nur nicht umkommen. Für gute Emslaune reicht das.

     Und wenn dann gar sommerabends am knisternden Lagerfeuer die Laufschuhe ausdünsten, das Kanu träge im Schilf dümpelt, am Firmament die funkelnden Lichter zu leuchten beginnen und jemand die Klampfe schlägt, kann ruhig bei Capri die rote Sonne im Meer versinken. Auch erübrigt sich die singende Frage: Weißt du wieviel Sternlein stehen? Wer weiß das schon? Da wollen wir Gott auch gar nicht reinreden. Hat er sie nicht gezählet, dass ihm auch nicht eines fehlet? Was mehr denn noch? Also geben wir lieber mit derselben Melodie gerne kund:

An der Ems hier ist’s am schö-öönsten
in der wei-eten, weiten Welt …

Heimatschmarren? Was soll’s? Hauptsache nicht Kaiserschmarren. Aber jenseits des Weißwurstäquators greift man auch nicht gleich zur Lyra, da wird ebenso gern das Hackbrett geschlagen. Und wenn es hier schon nicht der Trecksack ist, so dann eben die Mundorgel … Also da capo: An der Ems hier ist’s am schönsten in der weiten, weiten Welt.  Uns gefällt’s. Binnen Hingabe, buuten Zugabe. Dabei von der Ems her noch eine kühle Brise und morgen geht’s munter weiter. Immer an der Ems lang.

     Obwohl kurz der Name und kurz der Fluss, zieht es sich mit der Ems. Sie ist zwar mit 371 km der kürzeste Fluss Deutschlands, aber just in dieser Kürze liegt die Würze. Nichts für Kreuz-, mehr was für Kanufahrer.

     Handgepäck, statt Sonnendeck. Paddeln, statt daddeln. Einige Schleusen nur, um auf Augenhöhe zu bleiben. Und schon geht’s sachte weiter. Nur zu, wir paddeln gerne – und streicheln dabei sogar, plitsch-platsch, die Ems. Dabei fängt alles so unscheinbar an. In der Sennebauernschaft Moosheide, nordöstlich von Hövelhof bei Paderborn entspringt die Ems; doch kann da von „springen“ keine Rede sein. Tropfen quillen mehr so hier und da zwischen Nadel- und Blätterstreu, umkringeln Farngrün und die ersten kleinen Rinnsale rinnen um Rauken, belecken dürre Ecken, umlüllen kleine Kiesel, sabbern am Schachtelhalm und erquicken hängende Quasten von filigranem Farn, die wie grüne Fächer im feinen Wind wedeln. Darunter und daneben laufen schon mal puschige Moospolster wie Schwämmchen über. Na, wo kommt denn das viele Waser her?

     Doch was da im Winden und Wenden noch quillt und rinnt, beginnt sich bereits schlängelnd zu strecken. Hört, hört! Nach den ersten wenigen Kilometern plätschert es schon! Und dabei bleibt es nicht. Es kluckert und fließt. Mehr noch, das Fließen wird drängender. Was sich da nun so im Ostwestfälischen, am Süd-West-Hang des Teutoburger Waldes (wo sich einst die Germanen mächtig mit den Römern hatten) zwischen Sand, Äckern und Wiesen durchmäandert, entwickelt sich kilometerweit bis zur Mündung oben an der Küste zu einem stattlichen Fluss.

      In der Nähe von Rietberg und Wiedenbrück beginnt unweit von Harsewinkel ihr Weg durch das Münsterland über Warendorf, Telgte, Greven, Emsdetten und Rheine. Hier schmücken bereits einige Städte ihren Namen als Zusatz mit den drei Buchstaben, so auch Rheine – an der Ems. Da, hinter dem so romantisch im Wald gelegenen Kloster Bentlage, in Nähe der gesund rieselnden Salinenanlagen am Rheiner Zoo, führt ihr Weg weiter über Salzbergen in den benachbarten Kreis Emsland. Hier also prägt ihr Name sogar einen bedeutenden Landkreis. Und überall ringsum stattliche Höfe seitab von gepflegten Dörfern.

Man sieht, dass es hier die Menschen buuten un binnen gerne schön prick haben und sich dabei auch vor harter Arbeit nicht drücken.

Allerorten schinnt et Art,
as wenn sick Hiärwst un Fröhjaohr paart;
Maol lacht de Sönn, maol schuert et natt,
egaol, liekuut geiht hier de Patt.

Nicht Sommerpartys mit Tamtam,
kein Winterzauber mit Gesang,
nichts Exaltiertes, wie von Sinnen,
aber wohlig – buuten, binnen.

Hier braucht es keine große Show,
da reicht im Zirkus schon ein Floh.
Doch emsig ist man wohl auf Zack
und scheut auch keinen Schabernack.

Auf dem Tisch steh’n nicht nur Blumen,
lieber Teller, mit Volumen.
Nach Hausmannskost auch gern ein Bier,
so geh‘n sie’s an, so sind sie hier.

Schlicht und natürlich geht es zu.
So wie die Kuh wohl mal macht „Muh“
und dabei wohlig wiederkäut,
so wohl gediegen sind die Leut‘.

Will auch jemand dreist wohl drängeln
bleibt er an ‘er Schleuse hängen.
Ruhe dann, Geduld, bescheiden;
denn Plustern kann man hier nicht leiden.

Und wem das alles nicht gefällt,
der geh‘ nur in die weite Welt.
Doch unsereins weiß wohl Bescheid:
Kein schöner Land in dieser Zeit …

Wir brauchen’s schöner nicht als schön;
wem das nicht passt, der soll män geh’n.

Ungeachtet verlockender Reisekatalogangebote zeigt sich uns die Ems, wie sie ist. Nicht mehr und nicht weniger nun auch im Emsland. Hier windet sie sich über das Listruper Emswehr auf Lingen zu, dieser schönen alten Emsstadt, die von 1597 bis 1702 noch als Stadt der Oranier zum Gebiet der Niederlande gehörte. Nun denn, sei es so: Tot ziens! Davon ungerührt nimmt die Ems weiter ihren Lauf über Meppen, Haren, Lathen, Dörpen und Rhede.

     Dass wir in den beschaulich grünen Weiten des flachen Emslandessind, ist an den schwarzweiß gescheckten Kühen auf den endlosen Wiesen zu erkennen. Diese Rindergattung wurde um 1800 aus den Niederlanden eingeführt (war da nicht was mit Lingen?), als die bis dahin kleinwüchsige, rotbunte und krankheitsanfällige großhörnige Rasse mit rund einer halbe Million Tieren an Rinderseuchen eingegangen war. Seitdem sind Ems- und Ostfriesland „schwarzbunt“.

Bei Dörpen liegt der Zusammenfluss von Ems und Küstenkanal. Der verbindet über Oldenburg die Ems mit der Weser. Hinter Rhede ist die Ems eingedeicht. „Emsdeich“, wer weiß schon, dass diese geschlossenen Schutzhügel als kilometerlange Flussbauwerke vom Bauvolumen her den Bau der Pyramiden weit übertreffen. Aber selbst das hängt keiner hier an die große Glocke. Was zählt ist, dass es nutzt, das, worauf es ankommt.

     Herden von zahllosen Schafen halten auf dem Emsdeich die Grasnarbe kurz und treten emsig mit ihren Hufen den Untergrund fest. So strebt die Ems nun „kultiviert“ über die malerisch ostfriesischen Städte Weener und Leer auf die alte See- und Handelsstadt Emden zu. Ganz in der Nähe musste der 1401 in Hamburg öffentlich hingerichtete Seeräuber Störtebecker (* 1360) nach verlorenem Kampf in der Emsmündung bei Marienhafe klein beigeben. Hätte er sich doch erst gar nicht hierhingewagt, denn so Typen sind an der Ems nicht gut gelitten. Hier gilt nach wie vor der Emsparagraph 1: Tue recht und scheue niemand. Absatz 1: Unrecht Gut gedeihet nicht. Also bloß keine krummen Sachen. Solche kriegen es mit uns zu tun. Dann schäumt sogar auch mal die Ems. Immerhin ist sie „hier oben“ sage und schreibe gut fünfhundert Meter breit!

     Und doch: Als wolle sie noch mal so richtig tiefstapeln, durchfließt die Ems bei Pogum die tiefste Fläche Deutschlands. Da hinten im Rheiderland gleitet sie bei 2,50 Meter unter Normal Null dahin. Dort ist auch noch von den einst vielen Emsfähren immer noch die nördlichste Motorfähre von Ditzum nach Petkum in Betrieb. Nur en Stücksken weiter hoch aber geht es nun endgültig von binnen nao buuten. Da ergießt sich die Ems mit täglich rund einer Milliarde Kubikmeter Wasser in die weite Dollartmündung vor Borkum in die Nordsee. Ahoi.

      Typisch Ems. Die große Fahrt überlässt sie den andern. Dabei ist sie mit soviel Wasser als Ems schon gar nicht mehr zu erkennen. Schade. Doch statt mit Ahoi schippernd aufs Meer hinaus, ist mir lieber ein landeinwärts gerufenes niederdeutsches „Tschüs!“ Dabei klingt noch mit durch: „Man sieht sich …“ Das ist mir lieber als Wer weiß, wann wir uns wiedersehn. Von mir aus denn auch gleich wieder retour – nun bis zur Quelle. Warum nicht? Immer an der Ems lang. Da weiß man, was man hat.  

Emspoesie am Kloster Bentlage bei Rheine – Foto privat

To windig

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Et wören schöne Tieten daomaols, düsse Wirtschaftswunnertieten in de sesstiger Jaohren, met Winker an de VW Käfers orre gar Lenkradschaltung an de fiene Borgward Isabella. So ’n Auto pöss all guet bi düsse niemodsken Bungalows, de nu nao amerikaanske Art Teeken för „neureich“ wören; Flachdach met tominnst duusend Quadraotmeters Rasen derümto, wo Therese sick up de Terrasse in ne Hollywoodschaukel wägen konn. Un wat en heelmaol gecken Praohlhans wör, de wiesede sick upt Waater gern auk noch wuohl met siene eegene Jolle.

     Ja, well et harre, leit et auk wiet heruuthangen. För Jan Pielo wör dat sien Kiekschapp en Teake. Söwwst för Grizmek wör dao noch bequem Ein Platz für Tiere. Oh ja, se wören de alle guet bi tofriär. Dao satt nu auk es wuohl noch en halw Hähnken in en Wienerwald bi dran. Immer Toast Hawaii smöck auk nich. Man wör all wat fienfriätsk. Wencke Myhre mennde gar: „Beiß nicht gleich in jeden Apfel.“ Dä. Et moss all wat sien! Söwwst Pannekooken pöss nich mehr in de Alno-Küchenwelt.

     Nich genoog demit, stüöhnden de Stones auk noch: I Can’t Get No Satisfaction. So is dat, wenn et de Lüe allto guet geiht. Dann wiärd se liederlick. Nu ja, up engelsch (englisch) göng dat so iäben noch dör. Gar so eenen es Bundespräsident Lübke sach daomaols: „Equal goes it loose“. Orre so ähnlick. Egaol. Hauptsaake et klüng engelsch. Von Platt woll nich eenen mehr wat wietten. Daoför wören de Beatles nu dran. All You Need is Love. Hör sick dat nu es eene wier an!

     Öllerlicke Fraulüe verstönnen de Welt nich mehr un keeken leiwer Bonanza (Westernserie, die von 1959 – 1976 im Deutschen Fernsehen lief). Sefa wör sogar froh, dat se nich äs Helga leip (Titel von Aufklärungsfilmen der sechziger Jahre). Bladere Sefa sunndags noch gern in de Fotoalben, konnen de Teenager nich genoog in de Kinos laupen. Aower nich wiägen Fox Tönende Wochenschau, sönnern weil et sick met Susi orre Hansi in Düüstern biätter schmuusen lööt. Dao wör de Film an sick egaol, auk wenn glieks wier Wencke Myhre metspiellde un süng: Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehn.

     Babsy bruukte daoför nich es int Kino. Babsy harre sick Charlie angelt. Ne guede Partie. De siägelde met sien eegen Boot üöwer den Dümmer (13,5 km² großer Binnensee im Westen des norddeutschen Tieflandes). En Schipp gar met Kajüte! Dao siägelden de beiden nu auk es wier schön ungestört dör de Natur. Üm guet in Fahrt to kommen, wör Charlie allmänto flietig met de Siägel togange. Babsy stönn an de Kajütendööre. Dao fröög Charlie üöwer de Schuller her: „Na, Babsy, gefällt‘s dir?“ „Oh ja“, gaff Babsy em terügge, „wenn nur diesen verdammten Wind nich immer wäre …“