Ei Karai

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Karai (Ausruf des Erstaunens, der Verwunderung; Steigerung noch durch Ei Karai)! Ganz schlimm, wenn Mannslüe alleene mit wat togange sind. Dann geiht et glieks Gott weet nich wu deher. Eenspänners (Junggesellen) könnt de besönners wat von. So es Erwin. Nu woll de an sick wuohl gern an ne Frau, doch daoför mossen erst wat Punde bi em weg. Drüm füng he nu up Ostern hento in de Fastentiet es ne Eierkur an. Dat pöss jä auk guet in de Tiet wuohl. Un för Eier wör he all immer. Erst recht lecker Soleier. Also wör nu siene Parole: Solei dir leb ich, Solei dir sterb ich.

     Dat bleef aower nich ohne Wirkung. De Mann harr all dat ganze Veerdel keggen sick upbracht, denn se konnen em nich mehr ruuken. De Kerl stünk es nen Ülk (Iltis)! Unner us: Se wollen et üöwer Ostern dao üm sien Huus all wietlöftig mit Gitters affsperren. Stell di so wat es vör! Aower et göng nich änners mehr. Erwin bruukte naidig Karantäne. De Fraulüe göngen jä auk all laupen vör em. Eier sind nu maol nich ohne. Giff et erst recht nix äs Eier mehr, is dat för Mannslüe an Nebenwirkungen nich ohne. Karai, dao denk bloß es an de armen Eenspänners bi!   

     Nich genoog demit, grummelde et nu auk noch recht gefäöhrlick in Erwins Buuk. Et grummelde, as tröcken von dichte bi heel bollerige Gewitterschuers up. Doch wör dat bloß so ’n Soleiergedönner. Oh ja, man sall gar nich meinen, wat Eier nich alle so maaken könnt!

     So wüss ick auk gar nich wat mi ankamm (mir war es ein Rätsel, was mir da passierte), as Erwin mi lessens van wieden üöwer de Straote her in de Mööte kam (er mir entgegen kam). Karai! Mi schinn, as ruttkeden se dao üöwer mi in‘ twedden Stock ruhbästig met de Müöbels harüm. Doch van wiägen, dat wören Erwin siene Gedärme! Dat mööken alle de hatten Eierknubben in Erwins Rumpelkastenbuuk. Kien Wunner, dat de Naobers all dat Gesundheitsamt int Spiell brengen wollen. Doch Gott Dank kreeg dat soiäben noch nen änneren Dreih.

     Sägg nix, et giff tatsächlick noch Wunner. Man söhg Erwin siet Dagen all mit ’n drall Fraumensk laupen. Et schinn, de wüss em to nemmen. Wat man so hörde, wör et ne Galina uut Kasachstan. Et konn för Erwin nich biätter! De Mann söhg endlicks wier manierlicker uut. Auk harre sick dat olle Rülpsen bi em leggt un sienen Rumpelbuuk wör hörbar beruhigt. Sägg nich eenen noch wat keggen resselute Fraulüe. Erwin liäwede debi up. Wat mehr?

     Et gaff bi Galina auk glieks Kostümstellung. Se quettkede dao nich lange mit. Wat et gaff? Dumme Fraoge. Erwin mümmelde debi, as he sagg, nu gäff et immerto Russisch Ei …

     Ei Karai! Schluss nu. Ick will de nix mehr von hören! Ick freu mi bloß noch up Ostern.          

Dat Oberlicht

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Also wat hier bi us in Rheine fröher so nen heelmaol amtlicken Stadtdirektor wör, dao kam so licht nich eenen mit. Sücke satten in‘ Raothuus gar achter ne dicke Polsterdööre, ümdat se auk schön iähre Ruhe harren. All’s ännere mööken dao so de Beamten un nich tolesste Rudi, den Huusmester.

Oh ja, wat de Huusmesterie in dat Rheinske Raothuus anlangte, so konn et nich biätter äs mit so eenen es Rudi, „ein Mann für alle Fälle“. Dao smeet he sick aower auk giän maol för in de Buorst. Dann sagg he: „Leute, Leute, wenn icke un den Stadtderekter nich wören, dann wör et hier aower manchs zappenduuster!“ Wenn he daobi in sienen griesen Kieddel gar auk noch astrant (anmaßend) mit den Zollstock rümfuchelde, sagg dao auk nich eenen noch wat up. Hauptsaake, „de Olle“ sömms fuchelde män nich so von buoben daale detüsken.

Aower „de Olle“ harre et auk nich immer eenfach. Well niämlick äs upgeweckten Stadtdirektor uut siene Stadt wat maaken will, de hät faken (oft) nich weinig so üm de Ohren to wehren. Un an de Ohren göng em dao in sien Büro nu auk noch dat olle klapperige Oberlicht. Den Stadtdirektor moss dao gar all bi prussen.

Gott Dank aower wör nu erst es maol Urlaub. Drüm leit den Direktor vörher noch iäben bi Rudi klingeln. De stönn auk glieks bi senen Scheff praot. „Rudi, ach ja, gut dass Sie da sind. Also Sie wissen ja, nicht wahr, dass ich nun meinen wohlverdienten Urlaub antrete. Da hätte ich nun jedoch noch einige wichtige Anweisungen für Sie. Wässern Sie bitte alle vier Tage meine Blumen; nur dort, der Kaktus, der braucht kein Wasser. Verstanden? Nicht dass Sie mir den hier womöglich noch absaufen lassen. Ach ja, und nicht zu vergessen, Rudi, ganz wichtig: Sorgen Sie dafür, dass das Oberlicht in Ordnung kommt. Das ist hier ja sonst kein vernünftiges Arbeiten mehr! Alles verstanden?“ „Alles bestens verstanden, Herr Stadtderekter“, sagg Rudi em un wünschkede, „einen recht schönen Urlaub.“

Vetteihn Dage drup kreeg Rudi wier Order för sienen Rapport. Korrekt gaff he Bericht: „Alle Blumen, Herr Stadtderektor, haben schön Wasser von mir gekriegt, bloß den Kaktus nix.“ Dann hooßede Rudi maol iäben knapp so dör, schmeet sick in de Buorst un sagg: „Un dat Oberlicht, Herr Stadtderekter, also, ich mein, besser gehts nu nich mehr. Da knippsen Se, bittschön, doch mal den Schalter, denn ich hab da oben an de Decke extra zwei moderne Neonleuchten reingezogen.“

Dat vörluute Jesuskindken

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Et is all lange Jaohren her, dao wör es maol ne Widdefrau (Witwe). De Kinner wören all graut. Mia aower wör noch in de besten Jaohre un woll nich länger gern alleen mehr sien. Se woll dao wuohl wat an doon, aower so eenfach is dat äs Frau jä nu maol nich.
Män wu dat Glück et woll, leip iähr dao doch es maol ’n ansehnlicken Mann üöwer’n Wech. Dao kreech se nu doch es maol wier lück Löchten bi in de Aogen. Et wör nen grauten Kerl van guet twee Meter. Stabil moss he auk wuohl sien, denn he föhrde säckewiese Veehfuor bi Raiffeisen. Immer wenn he nu drankam, smeet Mia em ’n Aoge to. Doch et schinn, he kreech dao nix van mit.
Verdorri, dat göng nu all Wiäken so. Un de Mann füng un füng nich Füer. Antlest dachte Mia sick: „Wenn et nich änners is, dann gaoh ick de iäben mit nao de Moder Gott’s hen. De sall mi wuohl helpen.“ Un dat dai de guede Widdefrau nu auk. Se woll aower üm Gott’s Willen nich, dat se dao wumüöglick noch mit unner de Lüe kam.
Also leip se immer glieks nao et Meddagiätten in de Kerk, wenn anner Lüe to’n Ünnerst (Mittags-ruhe) de Döppen (Augen) lück tokneepen. Dann stickte se vör de Moder Gott’s ne Kiäße an, göng in de Knei debie liggen un biäddede inbrünstig: „Oh Heilige Maria, ick bitte di, giff mi doch den Grauten. Du Immerwäh’nde Hölpe, giff mi doch den Grauten.“
Dage drup slawienerde stillke den Köster dör de Kerke un kreech van wieden Mia un iähr Flehen gewahr. Dao woll he nu es bi mitmaaken.
Den Dach drup verstoppte he sick achter dat Modergottsbeld un wochtede aff, bis Mia wier kam. Naodem se ’n Kiäßken anstickt harre, smeet se sick auk forts wier vör dat Modergottsbeld daale un biädede: „Oh Heilige Maria, ick bitte di, giff mi doch den Grauten. Du Immerwäh’nde Hölpe, giff mi doch den Grauten.“
„Den kriss aower nich, den kriss aower nich…“, snäbbelde met ne Piepskestimm den Köster trügge. Hä? Wat wör dat denn?! Also nein…
Schwuppdiwupp göng Mia dao nu ratz bi in de Höchte. Ganz kruus keek se up Marias Arm dat Jesuskindken an un schimpte: „Nu haoll du män dienen Bäbbel, du vörluute Blage! Laot leiwer diene Mama to Wort kuemmen, de kann in iähr Öller dao sicher biätter wat up säggen…“

Zu meiner
plattdeutschen Schreibweise

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Das Hochdeutsch ist eine Schriftsprache, das Niederdeutsch hingegen eine Lautsprache ohne eine allgemeinverbindliche Orthographie. Es gibt nicht „das richtige Platt“. Meine Schriftweise entspricht weitgehend dem sogen. Wibbelt-Platt, nach dem plattdeutschen Dichter und Pastor Augustin Wibbelt (1862 – 1947). Da alle meine Bücher „mit einem weit reichenden Radius“ (nördlich bis ins Emsland, südlich bis an das Ruhrgebiet, westlich bis an die holländische Grenze und östlich bis in Ostwestfalen hinein) im Aschendorff-Verlag Münster erscheinen, ist auch eine weitgehend angepasste Schreibweise unumgänglich. Das bedingt, über die jeweiligen Sprachgrenzen hinaus, Formulierungen und Schreibweisen, die mehr oder weniger allgemeinverständlich sind. Daher sind auch (in Klammern gesetzt) besondere Ausdrücke und Redewendungen mit hochdeutschen Übersetzungen versehen.

     Was dem Leser vielleicht schwierig erscheint, zeugt andererseits von der Vielschichtigkeit dieser alten Sprache, älter noch als das Hochdeutsch und einstmals sogar die Sprache der Hanse. Heute zeigt sich uns das Plattdeutsch in unserer Region immer noch durch historisch gewachsene Sprachgrenzen, womit auch die Ausdrucksweisen variieren. So redet man in Rheine und um Münster herum „dat Mönsterlänske Platt“, auch „Kleiplatt“ genannt (sprechen = küeren). Nördlich von Rheine, in Niedersachsen spricht man das Platt breiter, behäbiger; es ist „dat Emslännske Platt“ (sprechen = praoten). Südlich, so ab Recklinghausen, klingt „ohne groot Vokabels un Schisselameng“ das Ruhrgebiet mit durch (erörtern = bekaakeln) und westlich, Nahe der niederländischen Grenze, wird „Sandplatt“ gesprochen.

     Bei all dem hielten Katholiken (Katholschen) und Protestanten (Luddersken) früher Abstand, was auch wiederum Sprachspuren hinterlassen hat.

     Das Niederdeutsche ist also alles andere als eine homogene Sprache. Die niederdeutschen Dialekte weisen aber infolge ihrer gemeinsamen Herkunft eine ähnliche Grundform auf, so dass jeder, der „sein“ Platt kann, auch „das andere Platt“ versteht.   

     Wurde es aber früher offiziell, so bediente man sich (über Dialektgrenzen hinweg) der hochdeutschen Kanzleisprache. In der hochdeutschen Grammatik ungeübt, kam es oft zu ungewöhnlichen Ausdrucksweisen; so jemand sprach dann „Hauchdüütsch mit Striepen“.

     Analog dazu steht bis heute im Katholizismus das Kirchenlatein. Doch nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 – 1965) forderte die Konstitution „Sacrosanctum Concilium“ (1963) in der Liturgie mehr den Gebrauch der jeweiligen Landessprache. Wurden die kirchlichen Grundgebete ohnehin seit Jahr und Tag hochdeutsch gesprochen, fand die plattdeutsche Sprache nur in recht bescheidendem Maße Eingang in Kirche und Andacht. Von daher war für mich „Dat plattdütsch Gebiädebook“ eine besondere Herausforderung – siehe Menü: Geistlicket up Platt.

     Aus vielen Zuschriften meiner Leserinnen und Leser aber weiß ich, dass alle „Pötter-Bücher“ mit etwas gutem Willen („man mott sick de auk ’n bettken mit befassen“) auch gut zu lesen sind. Mein Tipp: Lesen Sie leise vor sich hinsprechend, dann liest es sich leichter und es klingt zugleich recht natürlich, was beim Lesen denn auch oft schmunzeln lässt. Ja, Plattdüütsch lesen, dat is immer recht plaseerlick.

Bild: Privat

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